Primärversorgungseinheiten

Primärversorgungs­einheiten­ zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung

Um dem Hausärztemangel vor allem in ländlichen Regionen entgegenzuwirken und eine umfassende, effektive, wohnortnahe und niederschwellige Gesundheitsversorgung im niedergelassenen Bereich sicherzustellen, sowie stationäre Aufenthalte in Krankenhäusern zu reduzieren und deren Kapazitäten nicht überzustrapazieren, sollten bis Ende 2021 75 Primärversorgungeinheiten (PVE) in Österreich entstehen. Die Corona-Pandemie hat dieses ambitionierte Vorhaben der Regierung jedoch deutlich gebremst. Aktuell existieren österreichweit 28 Primärversorgungseinheiten (PVE).

Was genau sich hinter dem Begriff Primärversorgungseinheiten (PVE) verbirgt, wie diese finanziert werden sollen und wie sich die aktuelle PVE-Landschaft in Österreich gestaltet, lesen Sie in diesem Journalartikel.

Primärversorgungseinheit – was ist das?

In Österreich wird es speziell in ländlichen Regionen tendenziell immer schwieriger Allgemeinmediziner (Hausärzte) mit Kassenvertrag zu finden und eine flächendeckende, niederschwellige Gesundheitsversorgung zu gewährleisten. Mittels Primärversorgungseinheiten (PVE) soll dem entgegengesteuert werden und in Form von sogenannten Gesundheitsnetzwerken (Gemeinschaftspraxen, interdisziplinären Teams etc.) besonders Jungmediziner ansprechen. PVE sind dazu angedacht, nicht nur die Erstanlaufstelle für Patienten darzustellen, sie sollen vielmehr eine umfassende Gesundheitsversorgung gewährleisten.

Das Konzept der Primärversorgungseinheiten (PVE) wurde bereits 2014 zwischen der Sozialversicherung, dem Bund, den Ländern und unter Einbeziehung der Ärztekammer diskutiert und bildet die Basis für die aktuelle Primärversorgung. 2017 fand die entsprechende gesetzliche Verankerung (Primärversorgungsgesetz) statt. 2019 wurde schließlich der bundesweite Gesamtvertrag Primärversorgung (Rahmenvertrag) zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherung und der Österreichischen Ärztekammer abgeschlossen.

 

Begriffliche Definition und gesetzliche Bestimmungen

Der Begriff Primärversorgungseinheit (PVE) bezieht sich grundsätzlich auf „…die allgemeine und direkt zugängliche erste Kontaktstelle für alle Menschen mit gesundheitlichen Problemen im Sinne einer umfassenden Grundversorgung. Sie soll den Versorgungsprozess koordinieren und gewährleistet ganzheitliche und kontinuierliche Betreuung. Sie berücksichtigt auch gesellschaftliche Bedingungen.“ PVE dienen prinzipiell der Versorgung von Kindern/Jugendlichen, älteren Personen, chronisch Kranken sowie der psychosozialen Versorgung, dem Arzneimittelmanagement, der Gesundheitsförderung und der Prävention. Sie müssen darüber hinaus den gesetzlichen Bestimmungen und Anforderungen des §4 des Primärversorgungsgesetzes (PrimVG) entsprechen, indem sie folgende Punkte sicherstellen:

  • eine wohnortnahe Versorgung sowie gute verkehrsmäßige Erreichbarkeit
  • bedarfsgerechte Öffnungszeiten mit ärztlicher Anwesenheit
  • eine entsprechende Organisation der Erreichbarkeit für Akutfälle
  • telemedizinische, telefon- und internetbasierte Dienste
  • die Gewährleistung von Hausbesuchen
  • eine Kontinuität in Bezug auf Behandlung und Betreuung
  • ein barrierefreier Zugang
  • eine bedarfsgerechte Sprachdienstleistung
  • ausreichende (medizin-)technische und apparative Ausstattung
  • die Teilnahme an Vorsorge- und Screeningprogrammen

Ausgestaltung

Im Kernteam der Primärversorgungseinheit (PVE) kooperieren mindestens drei Allgemeinmediziner mit Angehörigen der Diplomierten Gesundheits- und Krankenpflege. Ergänzt wird dies durch Ordinationsassistenten und allenfalls eines Facharztes für Kinder- und Jugendheilkunde.

Orts- und bedarfsabhängig können additional Gesundheitsberufe (z.B.: Hebammen, klinische Psychologen, Psychotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden, Diätologen oder etwa Sozialarbeiter) bzw. ein Primärversorgungsmanager (speziell bei größeren Einrichtungen) verbindlich und strukturiert hinzugezogen werden, um das „Team“ zu erweitern.

 

Vorteile

PVE sind dazu angedacht, eine ganzheitliche medizinische Versorgung sicherzustellen (von der Vorbeugung über die Akutversorgung bis zur Rehabilitation und Pflege). In institutionalisierter Form vereinen sie Ärzte sowie weitere Gesundheits- und Sozialberufe entweder in Netzwerken oder unter einem Dach. Dadurch werden Abstimmungs- und Kommunikationswege kürzer, Teamarbeit wird forciert und Delegation wird einfacher. Patienten haben zudem die Möglichkeit, unterschiedliche Behandlungen sowie eine Vertretung an ein und denselben Ort in Anspruch nehmen zu können.

 

Finanzierung

Österreich erhält insgesamt 100 Mio. € aus dem Aufbaufonds der EU-Kommission (Recovery and Resilience Facility – RRF), um die wohnortnahe Primärversorgung zu stärken, attraktiver zu gestalten und innovative Versorgungsmodelle zu fördern.

Primärversorgungszentren in Österreich

Die erste Primärversorgungseinheit, das Primärversorgungszentrum Medizin Mariahilf, entstand 2015. Sie wurde bereits 2 Jahre vor der finalen gesetzlichen Verankerung als Pilot-PVE gegründet.

Ursprünglich war die Installation von 75 PVE bis Ende 2021 vorgesehen, um das Modell der Primärversorgung zu forcieren. Bis dato konnten jedoch nur 28 umgesetzt werden. Davon befinden sich zwei in Salzburg, eines in Kärnten, zeh in der Steiermark, eines im Burgenland, vier in Wien, vier in Niederösterreich und sechs in Oberösterreich. Derzeit gibt es weder in Tirol noch in Vorarlberg Einrichtungen dieser Art.

Um die Anzahl der PVE zu steigern und die Gründung entsprechender Einrichtungen anzukurbeln, wird es notwendig werden, die Arbeit für Primärversorger, speziell im ländlichen Bereich, attraktiver zu gestalten (z.B.: flexiblere Arbeitszeit- und Zusammenarbeitsmodelle, optimierte Work-Life-Balance). Gesundheitsminister Mückstein betont, dass zusätzliche Informationsarbeit geleistet werden, eine Stärkung der Zusammenarbeit der individuellen Berufsgruppen und eine intensivere Vernetzung aller Gesundheitsbereiche stattfinden müsse. Finanzielle Anreize wären durch den EU-Förderfonds sichergestellt.

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