Kassenreform

Kassenreform – was verändert sich im österreichischen Gesundheitswesen?

Wie wird sich die österreichische Sozialversicherung nach der Kassenreform gestalten? Wie wird unser Gesundheitswesen künftig organisiert sein? opta data hat für Sie recherchiert!

Die Sozialversicherung im österreichischen Gesundheitswesen

Ziel des österreichischen Gesundheitssystems ist es, eine faire, solidarische, flächendeckende, medizinische Versorgung aller Versicherten und deren anspruchsberechtigten Angehörigen zu gewährleisten. Diese Versorgung wird durch die Pflichtversicherung (Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) umgesetzt. Pflichtversicherung bedeutet, dass sobald in Österreich einer Erwerbstätigkeit nachgegangen wird, automatisch ein Versicherungsverhältnis entsteht, welches von der Art und vom Ort der Beschäftigung abhängig und nicht frei wählbar ist. Aufgrund der Pflichtversicherung haben alle Versicherten in Österreich, durch im Vorfeld geleistete Beiträge, das Recht Gesundheitsleistungen auf Rechnung der Sozialversicherungsträger bei Krankheits- oder Unfällen in Anspruch zu nehmen. Sowohl Arbeitslose als auch Pensionisten unterliegen der gesetzlichen Krankenversicherung. Kinder sind grundsätzlich beitragsfrei mitversichert.

Was sich durch die Kassenreform ändern soll

Mit der Kassenzusammenlegung, im speziellen der Zusammenlegung der größeren Kassen, soll eine Harmonisierung der Leistungsunterschiede, sowohl auf Bundesländerebene als auch kassenseitig eingeleitet werden und im Zuge dessen ein zentrales Organ für Verhandlungen (bezüglich Tarif-, Honorar- und Preiskatalogen) mit den jeweiligen Kammern, Interessenvertretungen oder Innungen geschaffen werden.

Versicherte sollen bei gleichen geleisteten Beiträgen (prozentualer Anteil des Gehaltes) dieselben Kassenleistungen erhalten, wodurch Benachteiligungen vermieden werden sollen. Außerdem soll der Verwaltungsapparat entschlackt werden um Einsparungen zu erreichen. Die Regierung verkleinert die Selbstverwaltungsgremien und reduziert die Anzahl der Funktionäre von 2000 auf 480. Zudem wird die Zahl der Verwaltungsgremien von 90 auf 50 und die Anzahl der Generaldirektoren von 21 auf 5 verringert. Ziel ist, bis 2023 Einsparungen von rund 1 Mrd. € im heimischen Sozialversicherungssystem zu schaffen.

Aufbau der österreichischen Sozialversicherung – vor der Kassenzusammenlegung

Die österreichische Sozialversicherung umfasst prinzipiell 3 große Bereiche: die Krankenversicherung, die Unfall- und die Pensionsversicherung. Diese Bereiche wiederum sind in eigene berufsspezifische Körperschaften – sogenannte Sozialversicherungsträger – aufgegliedert, die mit der Durchführung der Sozialversicherung beauftragt sind und fallweise sogar mehr als einen Bereich der Sozialversicherung durchführen. Insgesamt gibt es derzeit noch 21 Sozialversicherungsträger, 9 davon sind Gebietskrankenkassen, 5 Betriebskrankenkassen und 7 Versicherungsanstalten. Alle Sozialversicherungsträger sind nach dem Prinzip der Selbstverwaltung organisiert.

Zudem gibt es 15 Krankenfürsorgeanstalten (KFA) für Beamte und Bedienstete einzelner Städte und Kommunen sowie für Landeslehrer. Sie gehören jedoch nicht dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger an. Überdies hinaus gibt es in Österreich zusätzlich die Arbeitslosenversicherung. Sie kann prinzipiell zum österreichischen Sozialversicherungssystem gezählt werden, wird jedoch nicht autonom exekutiert, sondern vom Bund über das Arbeitsmarktservice (AMS) abgewickelt.

 

Kassenreform
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/Sozialministerium

Die österreichische Sozialversicherung nach der Kassenzusammenlegung – eine Vorschau

Wie gestaltet sich die Österreichische Sozialversicherung nach der Kassenreform? Wie wird unser Gesundheitswesen künftig organisiert sein?

Aus 21 Sozialversicherungsträger werden 5 Einrichtungen, die mit der Ausführung der Sozialversicherung beauftragt werden (Pensionsversicherungsanstalt, Unfallversicherung, Gesundheitskasse, Beamtenversicherung und Selbstständigen-Kasse für Gewerbetreibende und Bauern).

 

Kassenreform NEU
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/Sozialministerium

 

Eine Reform in dieser Größenordnung passiert nicht von heute auf morgen

Im Frühjahr 2019 wird mit der Umsetzung der Kassenzusammenlegung begonnen. Es fällt somit der Startschuss für eine, für österreichische Verhältnisse, beachtliche Großfusion, die mit 2020 finalisiert sein soll, denn mit 1. Jänner 2020 soll die neue Kassenstruktur Gültigkeit erlangen.

Ab dem 1. April 2019 wird ein interimistischer Überleitungsausschuss (Überleitungsgremien pro Sozialversicherungsträger zur Vorbereitung des Fusionsprozesses) für die Koordinierung und Organisation der Kassenzusammenlegung eingerichtet. Die Mitglieder des Überleitungsausschusses dürfen zuvor nicht Teil eines anderen Selbstverwaltungsgremiums gewesen sein. Der Vorsitz dieses Ausschusses wird von der Arbeitgeberseite gestellt und die Bürogeschäfte werden von einem leitenden Angestellten des Finanz- bzw. Sozialministeriums übernommen. Eine österreichweite Leistungsharmonisierung soll schließlich 2021 erreicht werden.

 

Der Dachverband der Sozialversicherungsträger als Koordinierungsstelle

Die Koordinierungsstelle dieser 5 Einrichtungen wird der Dachverband der Sozialversicherungsträger (vormals: Hauptverband). Viele der Aufgaben des derzeitigen, einflussreichen Hauptverbandes gehen an die ÖGK mit Sitz in Wien über, wie etwa die Verhandlungen mit der Pharmaindustrie über Medikamentenpreise oder der Abschluss eines österreichweiten Gesamtvertrages für die Ärztehonorare. Die Führung des Dachverbandes wird nun nicht wie geplant einem Rotationsprinzip unterliegen, welches folglich 7 unterschiedliche Vorsitzende in 5 Jahren bedeutet hätte. Vorgesehen ist stattdessen eine fixe Struktur mit einer Doppelspitze als oberstes Führungsorgan. Der Vorsitz wird künftig von zwei Obleuten übernommen, die direkt aus den Rängen der Obleute und deren Stellvertretern der fünf neuen Sozialversicherungsträger gewählt werden und für 5 Jahre abwechselnd den Dachverband im halb-Jahres Rhythmus leiten werden.

Die ehemalige Spitze des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger, Alexander Biach, wird mit der Einführung des neuen Dachverbandes von seinem Posten entbunden (Ablöse per Gesetz). Auch Harald Mahrer, der Chef der Wirtschaftskammer und Obmann der SVA, wird nach der Strukturreform der Sozialversicherung sein Amt als Obmann der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft niederlegen.

Was passiert nun konkret mit den jeweiligen Sozialversicherungsträgern?

9 GKKs werden zu einer ÖGK

Aus 9 Gebietskrankenkassen (GKK) wird eine bundesweite österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) mit 9 Länderstellen. Versicherungsbeiträge werden also künftig nur noch von einer Stelle eingehoben (ÖGK).

SVA und SVB werden zur SVS

Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) und die Sozialversicherungsanstalt der Bauern (SVB) fusionieren zur neuen Selbstständigenkasse SVS (mit 9 Landesstellen).

BVA, VAEB und BKK Wiener Verkehrsbetriebe werden zur BVAEB

Die Versicherungsanstalt öffentlicher Bediensteter (BVA), die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau (VAEB) und ein Teil der BKK Wiener Verkehrsbetriebe (die BKK der Wiener Verkehrsbetriebe wird auf BVAEB und KFA Wien aufgeteilt), fusionieren zur Beamtenversicherung BVAEB und werden zu einer Dreispartenversicherung (Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) mit 7 Landesstellen.

AUVA bleibt AUVA

Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA), als Sozialversicherungsträger, bleibt prinzipiell in der ursprünglichen Form erhalten, jedoch in etwas schlankerer Form. Ihr Zuständigkeitsbereich erstreckt sich zudem künftig nicht mehr auf die Unternehmer.

PVA bleibt PVA

Ebenso aufrecht bleibt die Pensionsversicherungsanstalt (PVA), die bereits 2004 von einer Fusion betroffen war. Die Pensionsversicherungen von Arbeitern und Angestellten wurden zur PVA fusioniert.

KFA bleibt KFA

Die Krankenfürsorgeanstalten (KFA) sind von der Kassenreform derzeit nicht betroffen. Eine Veränderung, sprich Fusion der einzelnen KFA´s ist nicht geplant. Es ist jedoch viel mehr eine Kooperation der KFL (Landesbedienstete), der KFG (Gemeindebedienstete) und der LKUF (Lehrer) angedacht.

5 BKK werden auf 4 BKKs reduziert

Von den bisherigen 5 Betriebskrankenkassen bleiben 4 als betriebliche Wohlfahrtseinrichtungen unangetastet weiterbestehen (Kapfenberg, Mondi Business Paper, voestalpine Bahnsysteme und Zeltweg). Die BKK Wiener Verkehrsbetriebe wird auf die BVAEB und die KFA Wien aufgeteilt.

Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates

Die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates wird in der Form nicht mehr weiterbestehen.

Fazit

Viele der bestehenden Strukturen bleiben erhalten, deshalb ist es notwendig Geduld zu haben und abzuwarten, wie sich die neue Kassenstruktur bewähren wird.

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