Physiotherapie

Flächendeckende Physiotherapie als Kassenleistung der ÖGK ab 2022

Ab 1. Jänner 2022 wird Physiotherapie als Kassenleistung flächendeckend im gesamten Bundesgebiet zur Verfügung stehen. Die österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) und der Bundesverband der Physiotherapeuten in Österreich, Physio Austria, haben nach intensiven, bereits seit März 2020 andauernden Vertragsverhandlungen eine gemeinsame Einigung erzielt und eine Rahmenvereinbarung im Hinblick auf die Erbringung von physiotherapeutischen Leistungen in Österreich abgeschlossen. Im Vordergrund der Vertragsverhandlungen stand neben der angestrebten österreichweiten Leistungsharmonisierung vor allem die Etablierung und Sicherstellung einer umfassenden, leistbaren und niederschwelligen Versorgung mit Physiotherapie als Sachleistung.

Ausweitung von Physiotherapie als Kassenleistung auf das gesamte Bundesgebiet

Aktuell gibt es in Österreich etwa 11.000 überwiegend freiberuflich tätige Physiotherapeuten. Dem gegenüber stehen rund 290 Physiotherapeuten, die ihre Tätigkeit als Vertragspartner der Kassen ausüben. Das gemeinsame Ziel der Verhandlungspartner (ÖGK und Physio Austria) ist, das Kontingent von Physiotherapie-Planstellen auf 590 in ganz Österreich zu erweitern und ein faires und stabiles Versorgungsnetz zu etablieren.

Bis dato gab es in nur fünf österreichischen Bundesländern (Wien, Oberösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg – mit unterschiedlicher tariflicher Ausgestaltung) die Möglichkeit physiotherapeutische Sachleistungen auf Kassenkosten in Anspruch zu nehmen. Ab 1. Jänner 2022 wird Physiotherapie als Kassenleistung auf das gesamte Bundesgebiet ausgeweitet und auch in Niederösterreich, Burgenland, Steiermark und Kärnten zur Verfügung stehen.

Physiotherapie Rahmenvertrag als Basis für Einzelverträge

Die Rahmenvereinbarung, abgeschlossen zwischen der ÖGK und Physio Austria, dient als Grundlage für künftige Einzelvertragsabschlüsse zwischen der ÖGK und dem niedergelassenen Bereich bzw. den jeweiligen Physiotherapeuten. Sie regelt nicht nur die Inanspruchnahme und die Durchführung, sondern auch die Honorierung von physiotherapeutischen Leistungen. Darüber hinaus sind im Rahmenvertrag Tarife und qualitätssichernde Bestimmungen klar und einheitlich festgelegt.

Einheitliches Tarifsystem für Vertragstherapeuten ab 2022 – zentrale Aspekte aus dem Rahmenvertrag

  • 60€ brutto/ 60 minütiger Behandlung für alle Physiotherapeuten
  • Hausbesuche: 30€ Extrahonorierung (zzgl. amtliches Kilometergeld von € 0,42/Kilometer )
  • Abgeltung von Vernetzungstätigkeiten (Fallbesprechungen, Gespräche mit Angehörigen, Helferkonferenzen etc.)
  • jährliche, automatische Tarifvalorisierung
  • monatliche Akontierungen der ÖGK (diese regelmäßigen Einnahmen dienen der Abdeckung der Praxiskosten, wobei die Akontozahlung auf Grundlage der erbrachten Leistung des ersten Monats berechnet wird und rund 30 % des Quartalshonorars für jeden Monat im Quartal beträgt – die Endabrechnung erfolgt am Quartalsende)
  • Vollzeitstelle/Vollvertrag im Umfang von 32 Wochenstunden (43 Arbeitswochen/Jahr)
  • Möglichkeit eines Teileinzelvertrages (Teilen einer Planstelle)
  • Wegfall der chefärztlichen Bewilligungspflicht für Vertragstherapeuten (Verordnungspflicht durch Haus- bzw. Fachärzte bleibt jedoch weiterhin aufrecht)

Exkurs:

Bereits bestehende Einzelverträge, abgeschlossen zwischen physikalischen Instituten (die in größerem Umfang physiotherapeutische Leistungen erbringen) und der ÖGK, sind im neuen Rahmenvertrag nicht erfasst. Sie bleiben bis auf weiteres in vollem Ausmaß weiterbestehen.

Sowohl der amtierende ÖGK Obmann Andreas Huss als auch die Präsidentin von Physio Austria, Constance Schlegl, äußern sich zufrieden über die vertragliche Einigung und betonen den Stellenwert von Physiotherapie als versorgungs- und systemrelevante Pflichtleistung innerhalb des heimischen Gesundheitssystems. Huss hebt außerdem hervor, dass durch den Vertragsabschluss erstmalig in allen Bundesländern eine flächendeckende, kostenlose Sachleistungsversorgung erzielt werden konnte.

Künftig soll leistbare Physiotherapie noch weiterausgebaut werden, um eine optimale Patientenversorgung sicherzustellen.

Link: Physiotherapie Rahmenvertrag

Parallelität von Vertrags- und Wahlphysiotherapeuten

Um den Zugang zu physiotherapeutischen Leistungen auch in Zukunft möglichst niederschwellig zu gestalten und Wartezeiten zu minimieren, wird in Österreich neben dem Vertragssystem auch das Wahlsystem weiterbestehen. Wahlphysiotherapeuten werden demnach auch künftig die Möglichkeit haben, das Honorar frei zu gestalten. Mit Inkrafttreten der Rahmenvereinbarung (Voraussetzung dafür: 60% der österreichweit vorgesehenen 590 Planstellen sind besetzt) verändert sich jedoch für Patienten, die therapeutische Leistungen von Wahltherapeuten in Anspruch nehmen, die Höhe der Rückerstattung durch die Kasse (€ 48/Std. – 80% des Kassentarifs). Außerdem tritt für freiberufliche Physiotherapeuten mit 1. Jänner 2022, nach pandemiebedingter Bewilligungsfreiheit, die Bewilligungspflicht wieder in Kraft.

Wie kann man Vertragstherapeut mit der ÖGK werden?

Um einen Kassenvertrag zu erhalten, wird es notwendig, direkt eine Bewerbung an die ÖGK zu übermitteln.

Vorgehensweise und Voraussetzungen

  • Ausfüllen eines Datenblatts (inklusive der Angabe eventueller Zusatzausbildungen – diese werden im Verzeichnis der ÖGK publik gemacht)
  • eine Schwerpunktsetzung ist im Vertrag nicht vorgesehen
  • Erbringung eines Nachweises über die Ausübung des physiotherapeutischen Dienstes im Rahmen einer Vollzeittätigkeit von mindestens einem Jahr (bei Teilzeittätigkeit verlängert sich dies) im Dienstverhältnis zum Träger einer Krankenanstalt oder sonstiger unter ärztlicher Leitung bzw. ärztlicher Aufsicht stehender Einrichtungen, welche der Vorbeugung, Feststellung oder Heilung von Krankheiten oder der Betreuung pflegebedürftiger Personen dienen
  • bzw.: Nachweis eines mindestens einjährigen Dienstverhältnisses zu freiberuflich tätigen Ärzten oder ein Angestelltenverhältnis zu freiberuflich tätigen Physiotherapeuten bzw. ein Dienstverhältnis zu einer im Bereich der Krankenbehandlung tätigen Institution (Kriterium: intensive Zusammenarbeit mit Ärzten bzw. anderen Gesundheitsberufen)
  • alternativ: eine mindestens dreijährige freiberufliche Tätigkeit als Nachweis der Berufserfahrung bzw. im Einzelfall eine gesonderte Gesamtbewertung der Berufsaktivität durch die ÖGK im Einvernehmen mit Physio Austria (z. B.: Zusammenarbeit mit etablierten Angehörigen der Gesundheitsberufe, Vertragsverhältnis zu einem Krankenversicherungsträger)

Zum aktuellen Zeitpunkt gibt es ausschließlich eine Rahmenvereinbarung zwischen ÖGK und Physio Austria, Gespräche mit weiteren Kassen, wie etwa der SVS bzw. der BVAEB sind jedoch bereits in der Vorbereitungsphase.

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