Hervorgegangen aus der Fusion der neun ehemaligen Ländergebietskrankenkassen hatte die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) bereits im ersten Jahr ihres Bestehens mit unzähligen Hürden und Herausforderungen zu kämpfen. Die Corona-Pandemie hat nicht nur die österreichische Wirtschaft, sondern vor allem auch das österreichische Gesundheitssystem an die Grenzen der Belastbarkeit gedrängt und Verluste in Milliardenhöhe verursacht.
Auch für die noch sehr junge Organisation ÖGK bedeutete 2020 eine unvorhergesehene, zusätzliche organisatorische, aber auch finanzielle Belastung. Welche geplanten Ziele der Reform trotz Corona umgesetzt werden konnten und wie die Zukunftsperspektive für kommenden Jahre aussehen wird, lesen Sie nachstehend.
Die ÖGK trägt als zahlenmäßig und verwaltungstechnisch größter österreichischer Sozialversicherungsträger für rund 7,4 Millionen Versicherte Verantwortung und stellt eine hochwertige Gesundheitsversorgung sicher. Die Corona-Pandemie hat die ÖGK jedoch schwer getroffen und zu deutlich weniger Einnahmen und drastisch gestiegenen Mehrausgaben geführt. Der Beitragsabgang, verursacht durch gestiegene Arbeitslosigkeit, Stundungen der Dienstgeber-Beiträge für Unternehmen sowie höhere Gesundheitsaufwendungen führten zu Verlusten in Millionenhöhe.
Im öffentlich Diskurs herrscht seit Monaten jedoch Uneinigkeit über die tatsächliche Höhe des Defizits der Österreichischen Gesundheitskasse und in welchem Ausmaß der Bund, trotz vorhandener Rücklagen der ÖGK, bereit ist, dieses Defizit auszugleichen.
Die Österreichische Gesundheitskasse weist Rücklagen in Höhe von rund 1,3 Mrd. € auf. Diese setzen sich zusammen aus 600 Mio. € an Anlagevermögen (eigene Gebäude und Einrichtungen wie etwa Zahngesundheitszentren oder Kur- und Reha-Einrichtungen) und weiteren 600 Mio. € an allgemeinen Rücklagen, die den Bundesländern für Zielsteuerungsaufgaben (SV-OG) zur Verfügung stehen. Die verbleibenden 100 Mio. € sind faktische Rücklagen. Ob und wie lange diese Rücklagen ausreichen, um die Wirtschaftlichkeit der ÖGK aufrechtzuerhalten und die Verluste von 2020 zu kompensieren, bleibt in Frage gestellt.
Finanzministerium und ÖGK rechnen mit unterschiedlich hohen Corona-bedingten Ausfällen von derzeit ausgesetzten Zahlungen. Aus Sicht des Finanzministeriums fehlen der ÖGK 83 Mio. €. Dem widersprechen die Einschätzungen der ÖGK – mit 220 Mio. € – jedoch deutlich. Der nunmehrige ÖGK-Vize-Obmann, Andreas Huss (aktueller Obmann: Matthias Krenn), spricht von Einnahmensausfällen in Höhe von 194 Mio. € für das Jahr 2020. In diesen Betrag sind jedoch die Ausfälle durch Beitragsstundungen noch nicht inkludiert. Seine Forderung an den Bund ist, dass zumindest diese 194 Mio. € an Abgängen erstattet werden. Gesundheitsminister Anschober hat aus heutiger Sicht finanzielle Hilfe in Aussicht gestellt.
Wie hoch das der Corona-Krise geschuldete Defizit der ÖGK 2020 tatsächlich war und ob vom Bund ein Finanzierungspaket für die ÖGK geschnürt wird, wird erst im Laufe des Jahres (voraussichtlich im Mai 2021 wenn das endgültige Gebarungsergebnis vorliegt) feststehen.
Hauptziel der Kassenreform war es, schlankere und effizientere Strukturen in der Verwaltung und eine Leistungsharmonisierung sowohl bundesländer- als auch Sozialversicherungsträgerübergreifend zu erreichen. In den Bereichen Krankentransport und Orthopädietechnik ist es 2020 gelungen, zahlreiche Leistungen österreichweit zu harmonisieren. Ganz besonders hervorzuheben ist, dass im Bereich Orthopädietechnik für viele Leistungen eine Anpassung an das höchste Niveau stattgefunden hat.
Anfang Dezember wurde in der Hauptversammlung der ÖGK eine neue Krankenordnung beschlossen. Dazu die zentralen Punkte im Überblick:
Trotz der größten Gesundheitskrise in der Zweiten Republik ist es der ÖGK in zahlreichen Bereichen gelungen, die Reform der Sozialversicherung weiter voranzutreiben. Die weiteren Folgen und finanziellen Auswirkungen der Pandemie sind jedoch aus aktueller Sicht noch immer nicht klar abzuschätzen. Fest steht, dass durch die Corona-Krise Einnahmenseinbußen aufgetreten sind, die kompensiert werden müssen. In welcher Form dies geschehen wird und ob der Bund für dieses Defizit eine Lösung findet, wird sich vermutlich frühestens im Mai herausstellen. Beitragserhöhungen oder Leistungskürzungen für Versicherte stehen derzeit nicht im Raum.
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