Faktisches Defizit ÖGK

Faktisches ÖGK Defizit widerspricht Prognosen aus dem Vorjahr deutlich

Die Corona-Pandemie hat nach wie vor dramatische Auswirkungen auf das gesellschaftliche Miteinander und die heimische Wirtschaft. Sie setzt nicht nur politische Entscheidungsträger unter Druck und fordert rasche, rationale Entscheidungen, sondern stellt vor allem das österreichische Gesundheitswesen vor große organisatorische und finanzielle Herausforderungen. Corona-bedingte Faktoren wie etwa der deutliche Anstieg der Arbeitslosenzahl, Beitragsstundungen für Unternehmen oder betriebliche Insolvenzen haben auch die österreichische Sozialversicherung, allen voran die Österreichische Gesundheitskasse, als den größten österreichischen Sozialversicherungsträger, erheblich strapaziert und zu Einnahmeneinbußen sowie einem daraus resultierenden faktischen Defizit geführt.

Die Höhe des tatsächlichen Defizits der ÖGK ist jedoch äußerst umstritten und sorgt im öffentlichen Diskurs seit Monaten für politische Uneinigkeit.

Prognostiziertes ÖGK Defizit vs. aktuelle Berechnungen

Arbeitnehmervertreter und nunmehriger ÖGK Vize-Obmann, Andreas Huss, sorgte während seiner Amtsperiode als ÖGK-Obmann in der 2. Jahreshälfte 2020 für großes politisches und mediales Aufsehen, indem er erste prognostizierte Werte im Hinblick auf das Defizit der ÖGK publizierte. Ausgehend von einem Budgetdefizit von 447 Mio. Euro für das Jahr 2020 (Berechnungen Stand: August 2020) wurden diese veröffentlichten Zahlen jedoch bereits im November relativiert und nach unten korrigiert. Die Einschätzungen der ÖGK über die Höhe des Defizits beliefen sich zu diesem Zeitpunkt auf rund 194 Mio. Euro. Dem widersprachen nicht nur die Zahlen des Finanzministeriums mit 83 Mio. Euro deutlich.

Aktuelle Prognose hinsichtlich ÖGK Defizit

Aktuellen Berechnungen zufolge wird sich das Defizit der ÖGK voraussichtlich auf 71 Mio. Euro belaufen. Ein Regierungsbeschluss sieht jedoch vor, einen Großteil der Corona-bedingten Einnahmenausfälle bzw. potentiellen Mehrausgaben im Ausmaß von 60 Mio. Euro abzugelten. Dadurch ergibt sich ein tatsächliches Minus von rund 11 Mio. Euro. ÖGK Generaldirektor Bernhard Wurzer zeigt sich angesichts eines Gesamtbudgets von 15 Mrd. Euro optimistisch und spricht sogar von einer „fast ausgeglichenen Bilanz„.

Das endgültige Ergebnis und demnach auch das tatsächliche Defizit der ÖGK aus dem Jahr 2020 wird allerdings erst im Mai 2021 bzw. Juni 2021 vorliegen.

447 Mio. € vs. 11 Mio. € – Ursachen für die unterschiedliche Höhe des Defizits

Die Ergebnisverbesserung bzw. das nun doch deutlich niedrigere Defizit der ÖGK begründet sich darin, dass einerseits zwar die Beitragseinnahmen aufgrund von Arbeitslosigkeit und Beitragsstundungen faktisch gesunken sind, aber gleichzeitig auch weniger Kassenleistungen in Anspruch genommen wurden. Entgegen der Annahme, die Corona-Pandemie würde parallel zu den gesunkenen Einnahmen zu drastischen Mehraufwendungen seitens der ÖGK führen, nutzten deutlich weniger Versicherte das Gesundheitsangebot der Kasse. Aufgrund der angespannten Krisensituation und ganz spezifischer, regierungsseitiger Corona-Maßnahmen (Lockdowns/Ausgangsbeschränkungen) verzichteten tendenziell mehr Versicherte auf medizinische Leistungen wie etwa ärztliche Leistungen (Rückgang von 0,1 Prozent), zahnärztliche Leistungen (Rückgang bei Zahnbehandlungen von 2,5 Prozent, bei Zahnersatz konnte sogar ein Minus von 4,8 Prozent verzeichnet werden) oder auf Vorsorgeuntersuchungen, physische oder psychische Therapien, planbare Operationen sowie auf Kur- bzw. Reha-Aufenthalte.

Prognostiziertes Defizit für 2021 und kommende Jahre

Durch den verlängerten Zeitrahmen zur Nachzahlung von Beitragsrückständen für Unternehmen (Beitragsstundungen) und das Nachholen nicht konsumierter Gesundheitsleistungen (erwarteter Anstieg bei den Ausgaben für ärztliche Leistungen um 6,8 Prozent) wird für 2021 mit einem Defizit von rund 160 Mio. Euro kalkuliert. Für die weiteren Jahre gestalten sich die Prognosen noch weniger optimistisch. ÖGK Generaldirektor Wurzer erwartet Einbußen von jeweils rund 200 Mio. Euro, zeigt sich allerdings zuversichtlich hinsichtlich der Stabilität der Kassenleistungen für Versicherte. Er betont, dass die Leistungen in einigen Bereichen, wie etwa im Bereich der Psychotherapie während der Corona-Pandemie sogar ausgebaut wurden.

In welcher Form und vor allem in welcher Höhe künftige Fehlbeträge kompensiert werden bzw. welche zusätzlichen regierungsseitigen Hilfspakete im Raum stehen, wird nach Vorliegen der finalen Zahlen, voraussichtlich im Mai 2021, mit Vertretern des Bundes diskutiert.

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