Orthopädieschuhmacher

How To: Wie werde ich als Bandagist, Orthopädie­techniker oder Orthopädie-Schuhmacher Vertrags­partner der Kassen?

Im folgenden Beitrag wird näher erläutert, wie Orthopädieschuhmacher, Orthopädietechniker und Bandagisten Vertragspartner der Kassen werden können. Darüber hinaus klären wir generelle Fragen zum Thema Vertragsstrukturen innerhalb der österreichischen Sozialversicherung.

Orthopädieschuhmacher, Orthopädietechniker und Bandagisten zählen zu den Leistungserbringern aus dem Gesundheitswesen. Ebenso wie Augenoptiker oder Hörakustiker lassen sie sich den gesundheitsbezogenen Gewerben zuordnen und erbringen Leistungen auf Rechnung der gesetzlichen Sozialversicherung. Sobald ein privatrechtlicher Einzelvertrag im Sinne des sechsten Teiles des ASVG mit der gesetzlichen Krankenversicherung abgeschlossen wurde, besteht mit den jeweiligen Sozialversicherungsträgern eine individuelle Vertragspartnerschaft. Infolgedessen entsteht eine Direktverrechnungsvereinbarung, wodurch die erbrachten Leistungen mit der zuständigen Kostenstelle (Kasse) abgerechnet werden können. Das ASVG spricht in diesem Zusammenhang auch von „anderen Vertragspartnern“ (§ 349 (3) ASVG).

Voraussetzungen für das Zustandekommen eines Einzelvertrages

Die Grundvoraussetzungen:

  • Mitgliedschaft bei der WKO (alle gewerblich Wirtschaftstreibenden sind aufgrund des Wirtschaftskammergesetzes Pflichtmitglieder bei der Österreichischen Wirtschaftskammer (WKO))
  • einschlägige berufliche Qualifikation
  • innerhalb des antragstellenden Betriebes ist das Vorhandensein eines Meisters Voraussetzung
  • den gesetzlichen Rahmenbedingungen muss entsprochen und alle notwendigen Qualitätskriterien müssen erfüllt werden

Wie wird man Vertragspartner?

Damit ein Einzelvertragsverhältnis in Kraft treten und direkt mit den Kassen abgerechnet werden kann, ist eine informelle Kontaktaufnahme mit der Kasse bzw. den jeweiligen Kassen völlig ausreichend (Antragstellung inklusive firmenmäßiger Zeichnung). Abhängig von den regionalen Strukturen und Bedürfnissen wird schließlich dem Antragsteller eine Zu- bzw. Absage erteilt. Bei Inkrafttreten einer Vertragspartnerschaft bedarf es der 2-fachen schriftlichen Ausführung, um Gültigkeit zu erlangen (je 1 Exemplar verbleibt bei den mitwirkenden Vertragsparteien)

Wer ist die Interessensvertretung für Orthopädieschuhmacher, Orthopädietechniker und Bandagisten?

Die Interessen von Orthopädieschuhmachern, Orthopädietechnikern und Bandagisten werden auf Bundesebene durch die Innung der Gesundheitsberufe (Augenoptiker, Kontaktlinsenoptiker, Hörakustiker, Bandagisten, Orthopädietechniker und Zahntechniker) aus der WKO-Sparte „Handwerk und Gewerbe“ vertreten. Die Innung stellt Beratungs- und Unterstützungsangebote bereit und vertritt Mitgliedsbetriebe in rechtlichen und wirtschaftlichen Belangen (z.B.: Tarifverhandlungen) sowohl nach innen als auch nach außen. Neben der Bundesinnung gibt es untergeordnete spezifische Berufsgruppenvertretungen für Orthopädieschuhmacher und Schuhmacher sowie für Orthopädietechniker und Bandagisten.

Wer kann einen privatrechtlichen Einzelvertrag mit den Sozialversicherungsträgern abschließen?

Grundsätzlich sind alle Mitgliedsbetriebe der Innung der Gesundheitsberufe berechtigt, privatrechtliche Einzelverträge mit den Sozialversicherungsträgern (Kassen) abzuschließen.

Privatrechtliche Einzelverträge basieren auf österreichweiten Gesamtverträgen bzw. sogenannten Rahmen- oder regionalen Ländervereinbarungen. In erster Linie werden österreichweit gültige Gesamtverträge zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (stellvertretend für die dem Hauptverband angeschlossenen Sozialversicherungsträger) und der jeweiligen Interessenvertretung aus dem Bereich der Gesundheitsberufe (Innung für Gesundheitsberufe – Augenoptiker, Kontaktlinsenoptiker, Hörakustiker, Bandagisten, Orthopädietechniker und Zahntechniker, aber beispielsweise auch Kammern, z.B.: Ärzte- oder Apothekerkammer) abgeschlossen, um eine faire, flächendeckende medizinische Versorgung zu gewährleisten (sie regeln die Rechte und Pflichten der Leistungserbringer aus dem Gesundheitswesen sowie die Honorarordnung, den Stellenplan, Qualitäts- und Abgabebedingungen und die Tarife). Das Sozialversicherungsrecht sieht nun vor, dass Gesamtverträge, als Basis für Einzelverträge, nicht nur z.B. mit Ärzten, sondern auch mit „anderen Vertragspartnern“ ((gesundheitsbezogenen) Gewerben) abgeschlossen werden können („Kann-Bestimmung“), diese aber nicht zwingend vorgesehen sind.

Die Abgabe aller Heilbehelfe innerhalb eines Gesamtvertrages zu regeln, ist aufgrund der Vielzahl an individuellen Anpassungen, kaum umsetzbar. Um einigermaßen einheitliche Bedingungen für die Berufsgruppen Orthopädieschuhmacher, Orthopädietechniker und Bandagisten zu gewähren, wurden in diesem Bereich dennoch Gesamtverträge abgeschlossen. Sie dienen als grundsätzliche Orientierung, können aber durch regionale Zusatz- oder Sondervereinbarungen angepasst werden, um den örtlichen Bedürfnissen und Anforderungen im Bereich der Versorgung durch Heilbehelfe und Hilfsmittel entsprechend begegnen zu können. Rahmen- bzw. Ländervereinbarungen werden zwischen den regionalen Sozialversicherungsträgern und den zuständigen Interessenvertretungen (Innungen oder Berufsverbänden) vereinbart.

Gesamtverträge bzw. Rahmen- oder Ländervereinbarungen als Basis für Einzelverträge

Orthopädieschuhmacher

Angehörige der Berufsgruppe Orthopädieschuhmacher können Einzelverträge mit den regional zuständigen Sozialversicherungsträgern abschließen, die auf jenem Gesamtvertrag („Orthopädie-Gesamtvertrag“) basieren, der zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (stellvertretend für alle dem Hauptverband angehörenden Sozialversicherungsträger) und der Wirtschaftskammer Österreich, Bundesinnung der Schuhmacher und Orthopädieschuhmacher vereinbart wurde. Regionale Zusatz- bzw. Sondervereinbarungen sind zulässig.

Der „Orthopädie-Gesamtvertrag“ wurde 2007 auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und kann von beiden Vertragsparteien, unter Einhaltung einer 3-montigen Kündigungsfrist, zum Ablauf eines Kalendervierteljahres mittels eingeschriebenen Briefes gekündigt werden. Bereits begonnene Arbeiten von Orthopädieschuhmachern sind auch nach Auflösung des Gesamtvertrages fertigzustellen und abzurechnen. Gleichwohl muss die Gewährleistungspflicht nach Vertragsende noch erfüllt werden. Die Beziehungen zwischen den einzelnen Orthopädieschuhmachern und den Sozialversicherungsträgern werden durch den österreichweit gültigen Gesamtvertrag und dem darin festgelegten Einzelvertrag geregelt.

Orthopädietechniker bzw. Bandagisten

Neben dem Orthopädie-Gesamtvertrag gibt es den sogenannten „Ost-Vertrag“ für Orthopädietechniker bzw. Bandagisten. Der „Ost-Vertrag“ wurde 2003 abgeschlossen zwischen der VAEB (und zahlreichen anderen Sozialversicherungsträgern) und der WKO (Bundesinnung für Augenoptiker, Orthopädietechniker, Bandagisten und Hörakustiker) für die jeweiligen Landesinnungen und regelt die Versorgung der Versicherten und deren anspruchsberechtigten mitversicherten Angehörigen mit Heilbehelfen und Hilfsmitteln durch Bandagisten- bzw. Orthopädietechnikerbetriebe. Die verbleibenden Sozialversicherungsträger haben sogenannte Landesvereinbarungen für Heilbehelfe und Hilfsmittel mit den Landesinnungen der Bandagisten und Orthopädietechniker (angelehnt an den „Ost-Vertrag“) abgeschlossen, um den regionalen Anforderungen und Bedürfnissen optimal entsprechen zu können. Innerhalb dieser Landesvereinbarungen werden die Beziehungen (Rechte und Pflichten) zwischen den Kostenträgern und den jeweiligen Betrieben geregelt.

Saugende Inkontinenzartikel sind im Ost-Vertrag nicht enthalten, deswegen existieren in dieser Hinsicht separate Innungsverträge. Sowohl die VAEB, die BVA als auch die SVA haben einen Vertrag mit der Bundesinnung der Orthopädietechniker. NÖGKK, OÖGKK, BGKK, SGKK und die TGKK verfügen über entsprechende Verträge mit den jeweiligen regionalen Landesinnungen. Privatrechtliche Einzelverträge ermöglichen schließlich die direkte Abrechnung mit der Kasse.

Mit wem kann man Vertragspartner werden?

Basierend auf gesetzlichen Bestimmungen und regionalen Rahmenvereinbarungen können Orthopädieschuhmacher, Orthopädietechniker und Bandagisten, als WKO-Mitglieder, Einzelverträge mit den örtlich zuständigen Kostenträgern abschließen und eine Vertragspartnerschaft mit den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung eingehen. Dadurch wird die direkte Leistungsabrechnung erst möglich.

Zur Zeit können noch mit rund 21 Sozialversicherungsträgern (z.B.: GKK´s, BVA, SVA, SVB, VAEB sowie 5 Betriebskrankenkassen) Einzelverträge abgeschlossen werden. Sobald beispielsweise ein Orthopädieschuhmacher Vertragspartner einer Gebietskrankenkasse ist, ist er dies im selben Ausmaß auch für alle anderen Gebietskrankenkassen. Aktuell ist es jedoch für Orthopädieschuhmacher und Orthopädietechniker bzw.  Bandagisten nicht möglich, orthopädische Schuheinlagen direkt mit der Vorarlberger Gebietskrankenkasse zu verrechnen. Die Abgabe der dementsprechenden Produkte erfolgt zum Teil durch eine kasseninterne Abgabestelle.

Die Kassenreform sieht künftig nur noch 5 Sozialversicherungsträger vor. Ob sich nun die Vertragsstrukturen drastisch verändern bzw. in welcher Weise sie sich in den kommenden Jahren gestalten werden, ist zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht zu prognostizieren.

Abrechnung von Vertragsleistungen und Kostenübernahme durch die Kassen

Seit 1. Jänner 2004 sind alle Vertragspartner aus dem Leistungsbereich „Heilbehelfe/Hilfsmittel“ gesetzlich dazu verpflichtet nach einheitlichen Grundsätzen elektronisch mit den Sozialversicherungsträgern abzurechnen. Die Leistungsabrechnung mit den jeweiligen Kostenträgern hat monatlich, bis zum 10. des Folgemonats, elektronisch in Form einer Sammelrechnung (in 2-facher Ausführung) zu erfolgen (Datenträgerformat DHH). Bei einem Datenvolumen von mehr als 200 Belegen ist tendenziell auch eine kürzere Frequenz zulässig. Im Zuge der Übermittlung der elektronisch erstellten Rechnung ist es erforderlich, dass etwaige Unterbelege, wie Verordnungen, Bewilligungen ebenso wie andere anfallende Erklärungen vollständig ausgefüllt sind. Zudem ist die Angabe der Positionsnummer laut Tarifliste anzuführen.

Der Kostenträger hat prinzipiell die Verpflichtung, termingerecht eingelangte elektronische Rechnungen bis zum 10. des Folgemonats zu vergüten, sofern keine regionalen Sondervereinbarungen hinsichtlich der Leistungsabrechnung vorliegen. Im Orthopädie-Gesamtvertrag ist festgelegt, dass die Abrechnung von Modelleinlagen pro Orthopädieschuhmacher, je Sozialversicherungsträger und pro Jahr auf 30% der insgesamt abgerechneten Einlagen beschränkt ist. Etwaige Überschreitungen werden mit dem Maßeinlagentarif verrechnet, wobei der Differenzbetrag dem Versicherten nicht verrechnet werden darf. Sollte ein maßgefertigter Behelf aus Gründen, wie etwa einer Amputation oder dem Ableben des Versicherten von diesem nicht mehr in Anspruch genommen werden können, übernimmt der jeweilige Kostenträger die tarifmäßigen Kosten in jenem prozentuellen Ausmaß, welches dem Grad der Fertigstellung entsprechen würde. Wiederverwendbare Teile sind vom Gesamtbetrag abzuziehen.

Wird die Annahme des Behelfes durch einen Versicherten verweigert bzw. die Fertigstellung des Behelfes boykottiert (z.B.: Verweigerung der Anprobe), müssen die angefallenen Kosten direkt mit dem Versicherten verrechnet werden. Liegen Beweise vor, dass der Anspruchsberechtigte auch nach zweimaliger schriftlicher Mahnung seiner Zahlungsverpflichtung nicht nachkommt, übernimmt der jeweilige Kostenträger die Ausfallshaftung sinngemäß wie bei Ableben oder Amputation. Diese Ausnahmen sind getrennt abzurechnen und eine kurze Darstellung des Sachverhaltes wird notwendig. Im Normalfall sind anfallende Selbstbehalte für Versicherte (gebräuchlich sind 10% des Vertragstarifes bzw. ein Mindestbetrag von rund 34,80€) direkt vom Kassenvertragspartner einzuheben. Die Kosten für Heilbehelfe und Hilfsmittel werden bis zu einem Höchstbetrag von rund 520,00€ netto (z.B.: WGKK – 513,00€ netto) von der Kasse übernommen.

Kündigung bzw. Auflösung der Vertragspartnerschaft

Ein Einzelvertrag kann zumeist unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist, jeweils zum Ablauf eines Kalenderhalbjahres, mittels eingeschriebenen Brief von den einzelnen Vertragspartnerparteien (Kostenträger bzw. Orthopädieschuhmacher, Orthopädietechniker und Bandagist) aufgelöst werden. Bereits begonnene Arbeiten beispielsweise von Orthopädieschuhmachern müssen auch nach Vertragsende zu Ende geführt und abgerechnet werden (Gewährleistung ist ebenso einzuhalten). Ein Einzelvertrag erlischt automatisch, wenn der Vertragspartner seine Gewerbeberechtigung verliert bzw. der Betriebsstandortes in ein anderes Bundesland verlegt wird, wenn der Gesamtvertrag seine Gültigkeit verliert oder gesetzliche Vorschriften wirksam werden, die die Tätigkeit eines Sozialversicherungsträgers örtlich oder sachlich einschränken, wodurch die Betätigung von Orthopädieschuhmachern, Orthopädietechnikern und Bandagisten nicht mehr in Betracht kommt.

Für weitere Informationen zum Thema oder Unterstützung bei der Abrechnung mit den Kassen, steht Ihnen opta data jederzeit gerne zur Verfügung!

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